Solidarisch planen und bauen
Was in Projekten an mehr als Wohnen steckt
In der Planung des Wohnprojektetags, waren sich die organisierenden Partner schnell einig. Der Aspekt der Solidarität spielt in gemeinschaftlichen Wohnprojekten eine außerordentliche Rolle, nicht überall gleich groß, immer in anderen Formen, doch in der Breite mit großem Mehrwert für die Bewohnenden, wie das Umfeld. „Viele gemeinschaftliche Wohnprojekte wollen sich positiv von einer individualisierten Gesellschaft und rein eigennützigem Verhalten abgrenzen. Wie füllt sich der Begriff „Solidarität“ in bestehenden Projekten und was ist darüber hinaus möglich? Eine Spurensuche in Vortrag und Austausch mit dem Publikum.“ hieß es daher im Flyer und Nicole de Vries, Vorständin der Genossenschaft Grüner Weiler eG, füllte auf Einladung und in Kooperation mit Sascha Gajewski, hier als Vorstand des STADTRAUM 5und4 e.V. diesen Programmpunkt.
In der Einführung legte Sascha dar, warum das Thema Solidarität, weit über Wohnprojekte hinaus, von zunehmender Bedeutung ist und Sozialwissenschaften wie Umweltwissenschaften ein solidarischeres Wirtschaften ins Zentrum einer gelingenden Transformation der Gesellschaft rücken.





Nicole, stellte im Zusammenhang mit ihrem dem gerade bezogenen, ambitioniertes Wohnprojekt dar, welche Dimensionen von Solidarität bei ihnen eine Rolle spielen. Auf dem Gelände der ehemaligen Oxford-Kaserne in Münster entstand mit über 100 Wohnungen für 250 Menschen allen Alters das größte Projekt einer jungen Genossenschaft in NRW. Vorbild sind die Schweizer Genossenschaften, allen voran die Kalkbreite in Zürich. Man hat sich das Ziel abgeschaut, flächensparend zu wohnen und dies, erstmalig in Deutschland, auch in der Satzung festzulegen. Wer nicht mehr so viel Platz braucht, soll in eine kleinere Wohnung ziehen. Ein solidarisches Versprechen auf Gegenseitigkeit.
Um das nötige Eigenkapital für den Neubau zusammen zu bekommen, haben manche, die es sich leisten konnten, mehr eingelegt als andere und es gibt Mitglieder, die nicht im Projekt wohnen, aber Einlagen zeichnen. Diese werden nicht verzinst, bei Auszug aber wieder ausgezahlt. Ein Solidarfond unterstützte Mitglieder, die weniger solvent waren. Für frei finanzierte Wohnungen mussten immerhin 1.000€/qm aufgebracht werden, für geförderte Wohnungen weniger.
Die Genossenschaft lebt davon, dass sich die Arbeit auf viele Schultern verteilt. Aber Entscheidungen mit vielen zu treffen, ist aufwändiger. So übt man sich gerade in Soziokratie, einer Methode, mit der Entscheidungen nicht mehrheitlich getroffen werden, sondern in mehreren Runden diskutiert wird, bis alle schwerwiegenden Bedenken ausgeräumt sind.
Im „Kulinarium“ wird für alle, die sich beteiligen, regelmäßig von einem Angestellten gekocht. Nach zwei Bieterrunden, in denen man individuell leistbare Beträge angibt, kam man auf die erforderliche Gesamtsumme. Es wird sichtbar, dass Menschen in Gemeinschaften auch mit Geld einen anderen Umgang finden.
Die Genossenschaft will eine „Kultur des Miteinanders organisieren“, man hilft sich gegenseitig, z. B. beim Wohngeldantrag. Aber auch die Nachbarschaft soll profitieren. Der Quartiersverein Kurbelbox ist Mitglied der Genossenschaft und steht für Kultur, Begegnung und nachhaltiges Leben im Oxford-Quartier.
Die hohe Nachfrage nach Wohnungen im Grünen Weiler führt dazu, dass nun ein zweites Projekt von der Genossenschaft entwickelt werden soll, man möchte die erworbenen Kompetenzen weiteren Menschen zu Gute kommen lassen.
Und das waren noch nicht alle Dimensionen solidarischen Handelns, aber für einen zusammenfassenden Bericht vielleicht genug, um eine Idee davon zu bekommen, daß viele Projekte mehr leisten, als bezahlbaren, spekulationsfreien Wohnraum zu schaffen, was an sich schon viel ist!